Innovation: Etwas Neues ins Leben bringen, sich weiter entwickeln. Eine Umschreibung des Begriffs Innovation die mir sehr gut gefällt habe ich bei Niko Peach entdeckt: Veränderung der Größe des Möglichkeitsraumes.
Überall ruft man nach Innovation. Die Bundesländer fördern eigene Innovationsassistenten. Innovation als Wettbewerbsvorteil. Innovation als Turbo für eine lahmende Wirtschaft!? Wieso brauchen wir Innovation und was soll und kann Innovation leisten!?
Um dem Thema auf die Schliche zu kommen möchte ich einfach ein paar Aspekte von Innovation beleuchten und ich bin schon gespannt was am Ende des Artikels als „Conclusio“ zu Tage tritt.
Beginnen wir mit Innovation im Kontext der Evolution: Evolutionsforscherin Elisabeth Sahtouris schreibt: Die Natur ist sehr konservativ mit Dingen die gut funktionieren, kann aber völlig unvermittelt in einen radikalen Krisenzustand fallen und daraus schnell Innovation entwickeln, damit das System wieder ins Gleichgewicht kommt. sKrisen lösen die nächste Welle der Evolution aus. Zukunftsraum gefällt das
Dazu passend die Überlegungen, die sich an die Theorie der adaptiven Zyklen anlehnen. Regelmäßige Leser werden diese Zyklen schon kennen. Kurz und knapp: Alles unterliegt einem Wandel von „Geboren werden“ (alpha), Wachstum (r), Konservation (k), Verfall bzw. Auflösung (omega).
Adaptive Zyklen, Quelle: http://www.resalliance.org
Erst wenn ein System aus dem Zustand der Konservation in den Verfall übergeht macht es Platz für Innovation, für die Geburt des Neuen. Für mich ist das ein springender Punkt, wenn es darum geht zu verstehen, was Innovation leisten kann und soll. Grafik
Nehmen wir unsere gesamtgesellschaftliche Situation. Viele Systemtheoretiker gehen davon aus, dass wir uns mit unserem Wachstumssystem in der Konservationsphase befinden. Was zeichnet diese Phase aus? Die Energie geht nicht mehr in den Aufbau neuer Strukturen, sondern in die Bewahrung und Festigung bestehender Strukturen. In dieser Phase dominieren einige wenige Arten, Firmen oder Staaten das System. Sie kontrollieren die verfügbaren Ressourcen und kontrollieren die Art und Weise wie diese verwendet werden können. Das System ist festgefahren, die Lebendigkeit nimmt ab.
Ich meine nun, dass Innovation in dieser Konservationsphase zwar durchaus möglich ist, sich aber nur durchsetzt wenn sie den bestehenden Spielregeln folgt. Die Innovation trägt in diesem Systemzustand meist zur Verfestigung des Systemzustandes bei. Ich kann dies zwar nicht belegen, doch mein Gefühl wurde durch ein Gespräch mit dem Umweltökonom Uwe Schubert bestätigt, wonach ca. 80% der Innovation arbeitssparende, technische Innovation mit dem Ziel Wirtschaftswachstum ist. Die Erweiterung des Möglichkeitsraumes ist nur bedingt gegeben, Innovation nur im Sinne von „more of the same“? Kann Innovation, die nicht marktwirtschaftlich gewinnbringend „funktioniert“, überhaupt Realität werden?
Ich glaube schon, doch ist anzunehmen, dass sich diese Innovationen nur in Nischen ausbilden können, die marktwirtschaftlich nicht funktionieren (z.B. soziale Dienstleistungen?). Besonders im technisch wirtschaftlichen Bereich, gelten marktwirtschaftliche Kriterien denen Innovation einfach entsprechen muss, um sich durchsetzen zu können.
Etwas anders sieht es bei immateriellen Innovationen (der Begriff Innovation wird hier sehr breit verstanden) aus. Ich denke da an neue Weltbilder, neue Kommunikationsformen- und regeln, neue Organisationsformen von gesellschaftlichem Zusammenleben. Hier kann sich Innovation wahrscheinlich freier entwickeln. Diese Art der Innovation hat durchaus Bedeutung. Denn irgendwann kommt die Zeit, in der sich diese Innovationen vom immateriellen Bereich auf den materiellen Bereich auswirken.
Bringen wir die Sache in die Praxis. Wie kommt Innovation nun zustande? Ein Versuch einer provesorischen Gliederung:
a) es gibt einen konkreten Anreiz – z.B.: Effizienzsteigerung – Gewinnsteigerung
b) es gilt ein Problem zu lösen (ähnlich dem ersten Punkt)
c) es gibt Menschen die „tun was ihren Fähigkeiten entspricht und ihr Herz jubeln lässt“
Wie auch immer man Innovation versteht und aus welchen Beweggründen Neues entstehen mag, es hat immer auch mit Risiko zu tun. Ich kann es nicht belegen, aber ich glaube zu wissen, dass der Mensch im Allgemeinen sehr Risiko scheu ist und Unsicherheit meidet. Genau darin liegt meiner Vermutung nach ein Knackpunkt beim Thema Innovation. Wage ich diesen Schritt zu gehen, wage ich es aus der Theorie in die Praxis zu schreiten und etwas Neues auszuprobieren?
Es gäbe noch viel zu diesem Thema zu sagen, zu überlegen und zu philosophieren, wie zum Beispiel, dass laut Joseph Tainter Innovation immer kostspieliger wird und immer weniger wirklich Neues „produziert“ wird.
Kommen wir zur „Conclusio“: Innovation die sich aus der Theorie kommend in der Praxis manifestieren und bewähren soll, muss marktwirtschaftlichen Kriterien entsprechen. Systemische Innovation kann im Sinne der adaptiven Zyklen nur gelingen wenn wir die Konservationsphase überwinden können. Ich bin überzeugt davon, dass ein Feuerwerk der Innovation stattfinden kann, wenn wir es schaffen aus unserer gesamtgesellschaftlichen Konservationsphase und Stagnationsphase auszubrechen. Dann kann passieren, wonach sich viele Menschen sehnen: Eine wahrhafte Erweiterung des Möglichkeitsraum.
Dieser Ausbruch (Wandel) wird passieren. Er passiert schon, er klopft schon an, wir müssen nur Willens sein ihn zu sehen, ihn zu erkennen. Ganz im Sinne der adaptiven Zyklen stellt sich die Frage, wie viel Verfall lassen wir zu, wie passiv sind wir, wie viel lassen wir mit uns geschehen. Denn nach dem Verfall kommt die große Innovation und je früher wir damit beginnen, je mutiger wir sind, je mehr wir es wagen Unsicherheit zuzulassen, desto rascher wird unsere Gesellschaft erblühen.
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